Freitag, 14. Juni 2013



09.45 – 10.15 Uhr

Hass auf die Liebe? Trauma, Dissoziation
und Paarbeziehungen

Michaela Huber

Abstract: 
In mehr als jeder zweiten Partnerschaft lebt mindestens eine/r, der/die sich mit schweren Kindheitstraumata herumschlagen muss. Frühe Verlusterfahrungen, lange Trennung von den Bindungspersonen im Kleinkindalter, Vernachlässigung, Verwahrlosung, Gewalt – oder die Erfahrung, einer traumatisierten und dissoziativ wechselnden bzw. "abwesenden" Mutter  ausgesetzt gewesen zu sein, das alles prädestiniert dazu, später Probleme in Partnerschaften zu bekommen. Und obwohl man es "ganz anders" machen will als die eigenen Eltern, findet man sich doch in einer Beziehung wieder, die einiges von dem wiederholt, was man hinter sich lassen wollte. Andererseits: Die Gegenwart eines liebevollen anderen Menschen kann auch enorm dazu beitragen, eigene Verwundungen heilen zu lassen. Was lässt solche Partnerschaften gelingen? Von den Gefahren und den Chancen von traumatisierten Menschen in der Partnerschaft handelt dieser Einleitungsvortrag zur Tagung.

Kurzbiographie

10.15 – 10.45 Uhr

Verstehen von seelischem Schmerz und Heilen in der Mehrgenerationen-Perspektive

Dr. med. Franz Pfitzer

Abstract:
Symptome und aktuell dysfunktionale Beziehungsmuster werden sehr viel verständlicher, wenn sie nicht als persönliche Defizite betrachtet werden. Im Lichte einer Mehrgenerationenperspektive handelt es sich oft eher um – seiner Zeit sehr sinnvolle – Überlebensstrategien.
Psychische Struktur und menschliche Beziehungen ruhen für uns auf 2 Säulen: Liebe und Bindung einerseits, Vertrauen als Balance des Gebens und Nehmens andererseits. Verletzungen von Liebe und/oder Vertrauen führen zu vielfältigen Störungen. Menschen mit klinischen Diagnosen wie Borderline, Depression oder gestörte Paarbeziehung können so besser verstanden und mit der in Grundzügen skizzierten "Restoration-Therapy" wirksam behandelt werden.

Siehe auch Workshop Nr. 4


Kurzbiographie

11.15 – 11.45 Uhr

Die Kraft des Erinnerns und des Vergessens

Ursula Böhm & Hannes Heer


Abstract:

"Zu allem Handeln gehört Vergessen: wie zum Leben nicht nur Licht, sondern auch Dunkel gehört", hat Friedrich Nietzsche angemerkt, um dann dem einzelnen wie dem Kollektiv die Aufgabe zu stellen, diejenige Linie zu finden, "die das Übersehbare, Helle von dem Unaufhellbaren und Dunklen scheidet; davon, dass man ebenso gut zur rechten Zeit zu vergessen weiß, als man sich zur rechten Zeit erinnert." Diese Balance allein vermag, so seine These "die Gesundheit eines einzelnen, eines Volkes und einer Kultur" zu garantieren. Jeder einzeln kann an sich beobachten, wie der Vorgang des Erinnerns funktioniert. Was erinnert wird, ist kein festgefügter unverlierbarer Block von Tatsachen, sondern ein ständig vor sich gehendes Durchsuchen der eigenen Vergangenheit nach Stücken, die zum gegenwärtigen Selbstbild passen und dieses verstärken. Gleichzeitig wird aussortiert und vergessen, was man nicht mehr braucht oder nicht mehr erträgt. Dieses System, das wie eine Schleuse funktioniert, kann auf das persönliche Leben, auf die vergangenen Wunden und die daraus folgenden gegenwärtigen Krisen übertragen werden: Jeder von uns ist der Schleusenwärter, der die Kammern volllaufen lässt, bis das Schiff genug neues Wasser unter dem Bug hat, um Fahrt aufzunehmen. Anschließend werden die Kammern von dem jetzt unbrauchbaren alten Stoff geleert.

Der Vortrag wird zeigen, wie man im assoziierenden Deuten des Stammbaums die prägenden Lebens- und Gefühlsräume von Kindheit und Jugend – Haus und Straße, Landschaft und Jahreszeiten, Religion und profane Kulte, zur Identität taugliche Familienlegenden und klassenspezifische Traditionen, die Erfahrungen der eigenen Generation und die Schatten der großen Geschichte – herbeizaubern kann und es so ermöglicht, Vergessenes zu entdecken und längst Gewusstes neu anzuschauen, wie sich im Reenactment die Muster der familiären Destruktivität wie die Schatzkammer der Ressourcen nachinszenieren lassen. Immer auf der Suche nach der, so Nietzsches Formulierung, "plastischen Kraft", die allein einen verletzten oder blockierten Menschen instand setzen kann, "aus sich heraus zu wachsen, Vergangenes und Fremdes umzubilden und einzuverleiben, Wunden auszuheilen, Verlorenes zu ersetzen, zerbrochene Formen aus sich nachzuformen". Man kann Virginia Safirs Pionierarbeit würdigen, ohne ihr esoterisches Bild von der jedem eigenen "inneren Weisheit" zu bemühen. Von der Kraft des Erinnerns und Vergessens zu sprechen, gibt vielleicht eine genauere Vorstellung, wie der Weg zur inneren Heilung verlaufen kann.

Siehe auch Workshop Nr. 9

Kurzbiographien

Satelliten Symposium
in der Klinik St. Irmingard, Prien

Bitte beachten Sie: um 14.00 Abfahrt Shuttle Bus für Satelliten-Symposium Workshop 1 und Workshop 2 in der Klinik St. Irmingard, Prien. Diese Workshops sind für den gesamten Nachmittag bis 18.00 Uhr geplant. Abfahrt Shuttle Bus zurück um 18.00 Uhr.



14.30 – 18.00 Uhr
(3 Std.; einschließlich Klinikführung St. Irmingard)
Workshop 1: Session A+B

Tanz- und Körpertherapie in der stationären Traumatherapie – Demonstration von Übungen und Interventionen mit Einladung zum Mitmachen

Gabriela Wild & Birgit Mosch

Abstract: 
Im ersten Teil dieses Workshops möchten wir einen Einblick vermitteln, wie Körper - und Tanztherapie in verschiedenen Gruppen und im Einzelsetting auf der Traumastation eingesetzt werden. Zur Illustration kommen Fallvignetten zur Darstellung, einige Übungen und Interventionen werden demonstriert.

Der zweite Teil des Workshops widmet sich dem Einsatz von Tanz- oder Körpertherapie zur Psychohygiene von Therapeuten/innen. Gerade im psychotherapeutischen Alltag von Traumatherapeuten/innen ist es besonders wichtig mit der eigenen Gefühlswelt in Kontakt zu sein sowie sich Lebensfreude und Vitalität zu erhalten.

Vom sanften Spüren bis hin zum temperamentvollen Bewegungsausdruck laden wir die Teilnehmer/innen zum Mitmachen ein. (bequeme Kleidung ist von Vorteil)

Kurzbiographien

14.30 – 18.00 Uhr
(3 Std.; einschließlich Klinikführung St. Irmingard)
Workshop 2: Session A+B 

Wie steht es um die Partnerschaft der Akteure im professionellen Helfernetz? Bestandsaufnahme und einige Überlegungen aus Sicht der stat. Traumatherapie

Peter Heinz

Abstract:
Vor dem Hintergrund der hohen Anforderungen in der psychotherapeutischen Versorgung komplex traumatisierter Menschen stoßen professionelle Helfer rasch an persönliche und strukturell vorgegebene Grenzen. Die Kombination von ambulanter und stationärer Therapie bietet dann Chancen, auch sehr schwierige Behandlungsverläufe günstig zu beeinflussen. Die Kommunikation und Abstimmung gegenseitiger Erwartungen verläuft an der Schnittstelle beider Settings bedauerlicherweise oft unbefriedigend. Daraus resultierende Konflikte führen nicht selten zu Reinszenierungen dysfunktionaler familiärer Muster und können hierüber pathogene Prozesse anstoßen.

In dem Workshop werden Problemkonstellationen zwischen ambulanter und stationärer Versorgung theoretisch und mit Fallbeispielen beleuchtet, die Diskussion praktikabler Lösungsmöglichkeiten im Teilnehmerkreis ist vorgesehen.

Kurzbiographie

14.30 – 18.00 Uhr (3 Std.)
Workshop 3: Session A+B 

Sucht und Trauma

Wibke Voigt

Abstract:
Inhalt des Workshops sind zunächst Neurobiologie der Sucht und des Traumagedächtnisses. Das (frauen)spezifische Behandlungskonzept mit Dissoziations-Stop-Gruppe, Seeking Safety (Sicherheit finden) n. Najavits, Ohrakupunktur, Stabilisierung, Kunsttherapie, EMDR wird unter Berücksichtigung familientherapeutischer Aspekte vorgestellt. Am Ende erarbeiten die Teilnehmer gemeinsam mit Referentin einen spezifischen Notfallkoffer gegen Craving (Suchtdruck) und Flashbacks/Dissoziationen.

Kurzbiographie

14.30 – 16.00 (1,5 Std)
Workshop 4: Session A

Verstehen von seelischem Schmerz und Heilen in der Mehrgenerationen-Perspektive

Dr. med. Franz Pfitzer

Abstract:
Symptome und aktuell dysfunktionale Beziehungsmuster werden sehr viel verständlicher, wenn sie nicht als persönliche Defizite betrachtet werden. Im Lichte einer Mehrgenerationenperspektive handelt es sich oft eher um – seiner Zeit sehr sinnvolle – Überlebensstrategien.

Psychische Struktur und menschliche Beziehungen ruhen für uns auf 2 Säulen: Liebe und Bindung einerseits, Vertrauen als Balance des Gebens und Nehmens andererseits. Verletzungen von Liebe und/oder Vertrauen führen zu vielfältigen Störungen. Menschen mit klinischen Diagnosen wie Borderline, Depression oder gestörte Paarbeziehung können so besser verstanden und mit der in Grundzügen skizzierten "Restoration-Therapy" wirksam behandelt werden.

Siehe auch Vortrag am Freitagvormittag


Kurzbiographie

14.30 - 16.00 Uhr (1,5 h)
Workshop 5: Session A

Häusliche Gewalt und destruktive Bindungen - Warum bleiben Frauen in Gewaltbeziehungen?

Petra Hafele

Abstract:

Gewalt gegen Frauen und Mädchen zählt zu den häufigsten Menschenrechtsverletzungen in der Welt. Rund 25 % der in Deutschland lebenden Frauen haben unterschiedliche Formen der Gewalt in Beziehungen bzw. der Familie erlebt.

Diese Misshandlungen und Vergewaltigungen verletzen die körperliche und seelische Unversehrtheit auf schwer wiegende Weise. Sie können Todesnäheerfahrungen darstellen, die das Bewusstsein verändert. Traumatisierte wechseln in der Folge zwischen der Abspaltung und dem Wiedererleben der Gewalt. Und die Erfahrungen gehen mit einem totalen Kontrollverlust über das eigenständige Selbst einher. Um die Kontrolle wieder zu erlangen, suchen Opfer häufig im eigenen Verhalten nach Gründen für die Misshandlungen und Vergewaltigungen.

Da der Täter der eigene Ehemann oder Partner ist, muss sich die verletzte Frau darüber hinaus an eine extreme Stresssituation anpassen, wodurch die Entwicklung des so genannten "Stockholm-Syndroms", das eine Anpassung des Verhaltens von Opfern an Täter beschreibt, begünstigt wird.

Durch die sich wiederholenden Verletzungen können diese überlebenswichtigen Anpassungsstrategien zu einem festen und destruktiven Bindungsmuster werden.


Kurzbiographie

14.30 – 16.00 Uhr (1,5 Std)
Workshop 6: Session A

APSN – Aufsuchende Psychosozial-Systemische Notfallversorgung von Familien nach traumatischem Stress

Tita Kern & Simon Finkeldei

Abstract:

Kinder und ihre Familien verfügen naturgegeben über zahlreiche Fähigkeiten, die es ihnen ermöglichen auch schwere Verletzungen durch hochbelastende Lebensereignisse zu überstehen. Gleichwohl besitzen diese Erfahrungen durchaus das Potential Kinder und ihre Bezugssysteme an und über die Grenze des Bewältigbaren zu bringen und Pathologien zu erzeugen.

Auf diesen Balanceakt nehmen neben dem Auslöseereignis selbst auch vorangegangene biografische Faktoren der Familie und nachfolgende Belastungs- und Bewältigungserfahrungen Einfluss. Dieses Verständnis eröffnet eine Fülle von möglichen Ansatzpunkten, um Kindern und ihren Netzwerken in der hochakuten und vulnerablen Phase stabilisierend und unterstützend Begleitung, Orientierung und Beratung zur Seite zu stellen.

Der Workshop stellt die Grundlagen des APSN-Konzeptes vor und vermittelt anhand praktischer Beispiele und Erfahrungen konkrete Möglichkeiten zur Umsetzung in der frühen Begleitung belasteter Kinder und deren Familien.

Kurzbiographien

16.30 – 18.00 Uhr (1,5 Std)
Workshop 7: Session B

Können wir uns noch riechen? Düfte und Partnerschaft

Harald Schickedanz

Abstract:
Üblicherweise hängt das Schicksal gelingender oder scheiternder Paarbeziehungen von der Qualität früher Bindungserfahrungen und realer psychosozialer Faktoren in der Gegenwart ab. Wie unbewusste biologische Einflüsse auf die Partnerwahl wirken, auf Wohlgeschmack und Widerwillen und welche Veränderungen hier im Laufe des Lebens eine Rolle spielen können, darauf möchte der Workshop "können wir uns (noch?) riechen?" bewusst ressourcenorientiert mehr Fragen stellen als Antworten vortragen.

Kurzbiographie

16.30 – 18.00 Uhr (1,5 Std)
Workshop 8: Session B

Rituelle Gewalt und die Bedeutung von Herkunftsfamilie und neuer Partnerschaft

Thorsten Becker & Michaela Huber

Abstract:

Wer auf organisierte Weise sexuell ausgebeutet wurde bzw. Rituelle Gewalt erlebt hat, erlebt vielschichtige destruktive Bindungen: gleichgültig-dissoziierende Eltern, feindselige und ambivalente primären Bindungspersonen, die häufig zugleich die Verbindungspersonen zum Täterring waren/sind. Was bedeutet es, wenn Menschen, die Rituelle Gewalt erlebt haben, Partnerschaften eingehen? Welche Möglichkeiten, welche Risiken und welche Chancen enthalten diese neuen Versuche, jemand Nahes und Vertrautes zu gewinnen und "gut" zu behandeln?
Ein Praxis-Workshop mit Supervisionsmöglichkeit.

Kurzbiographien

16.30 – 18.00 Uhr (1,5 Std)
Workshop 9: Session B

Das Erbe des Nationalsozialismus und wie es sich in den Familien durchsetzt

Ursula Böhm & Hannes Heer


Abstract:
Es geht bei dem Workshop um die Auswirkungen der Nazizeit – von politischer Verfolgung, Holocaust, Vernichtungskrieg, Flucht und Vertreibung – auf die eigene Familiengeschichte. Unser Blick erfolgt aus drei Perspektiven: Wer war in der ersten Generation Täter und in welchem Ausmaß, wer gehörte zur Gruppe der Opfer und mit welchem Schicksal? Welche unterschiedlichen Narrative und Muster ergaben sich daraus, und wie wurden diese an die Angehörigen der zweiten und dritten Generation weitergegeben? Wieweit entsprachen die privaten Leerstellen der Erinnerung, die Familiengeheimnisse und deren Schutz, den Tabuisierungen, Redeverboten und Deckerzählungen der jeweiligen Gesellschaft? Um diese versunkenen und oft kontaminierten Schichten zu vergegenwärtigen und als Arbeitsmaterial zu generieren, bietet der Workshop die folgenden methodischen Zugänge: die Verwendung von Stammbaum und Familienalbum als plastisches Bild der Ahnenkette, die Reinszenierung von Katastrophen und zurückgebliebenen Bruchstellen in der Familiengeschichte und die Aktivierung eigener und familiärer Ressourcen als Potential zur individuellen Transformation.

Siehe auch Vortrag am Freitagvormittag


Kurzbiographien