Samstag, 15.09.2018

Aus vielen Ichs ein Selbst?
Trauma, Dissoziation und Identität

Vortrag 4 


09.00 – 09.30
 Uhr

Aus vielen Ich's ein Team – Wie kann die Teamarbeit mit komplex traumatisierten und dissoziativen Menschen gelingen?

Dr. med. Harald Schickedanz

Abstract: Dissoziation ist eine Überlebenshilfe in traumatischen Situationen.
Etabliert sich eine strukturelle Dissoziation der Persönlichkeit, kann der Umgang mit den Betroffenen zur Herausforderung werden, denen sich Behandlungsteams stellen müssen. Die Art und Weise, wie ein Behandlungsteam daran wachsen kann, ist eine wichtige Voraussetzung für den individuellen Behandlungserfolg.

Kurzbiografie

Vortrag 5

09.30 – 10.00 Uhr

Integrationsprozesse bei Frauen mit Dissoziativer Identitätsstörung – Ergebnisse einer qualitativen Pilotstudie

Susanne Nick

Abstract: In den letzten Jahrzehnten wurden zahlreiche Studien zur Behandlung der Dissoziativen Identitätsstörung durchgeführt. Obwohl die Förderung von Integration das ausgesprochene Ziel in allen Phasen der Psychotherapie bei Menschen mit Dissoziativer Identitätsstörung ist, bleibt für alle Beteiligten oft recht unklar, wie deren Entwicklung jeweils im Verlauf prozesshaft zu erkennen und zu verstehen ist. Zudem sind die individuellen Erfahrungen und das Wissen von Betroffenen aus Bewältigungs- und Heilungsprozessen bisher nur unzureichend erfasst und ausgewertet.

Im Zentrum dieses Vortrags stehen Ergebnisse und Erkenntnisse aus Gesprächen mit zwölf Frauen, die von früher Kindheit an emotionale Vernachlässigung, massive sexualisierte sowie körperliche Gewalt erfahren haben und infolgedessen ihre Persönlichkeit vielfach aufgespalten und eine Dissoziative Identität entwickelt haben.

Die Schilderungen dieser traumatherapieerfahrenen Frauen vermitteln eindrücklich, wie unterschiedliche jene Prozesse erlebt werden können, die zu fortschreitender innerer Kommunikation, Kooperation und so zu mehr Integration führten; vier Frauen haben eine Fusion und damit eine Auflösung der inneren Teilpersönlichkeit erfahren.

Auch spezifische Auswirkungen organisierter ritueller Gewalt im Unterschied zu ausschließlich innerfamiliären Gewalterfahrungen werden aus Sicht der Betroffenen dargestellt.

Publiziert in Trauma & Gewalt 10 (03), 2016, S.218-229 (Prof. Hertha Richter-Appelt/Susanne Nick)

Kurzbiografie

Vortrag 6

10.00 – 10.30
 Uhr

Ein langer steiniger Weg. Behandlungsergebnisse von DIS Pat. Was ist meßbar? Was ist machbar?

Dr. med. Kornelia Sturz & Romy Bittner

Abstract: Es wurden Daten von Patienten/innen mit DIS, die im Zeitraum von 2008 bis 2017 in der Klinik am Waldschlößchen störungsspezifisch in einer speziellen Gruppe stationär behandelt wurden ausgewertet. Dabei wurden Merkmale der allgemeinen Psychopathologie, störungsspezifische Symptome und weitere soziodemografisch und klinisch relevante Merkmale erhoben. Sie (z.B. selbstverletzendes Verhalten, Täterkontakt, Amnesien, unkontrollierte Switche) werden auch in ihrem Verlauf (Veränderung) dargestellt.

Kurzbiografien

Vortrag 7

11.00 – 11.30 Uhr


Be careful, what you wish for… Aus vielen Ichs kein Selbst – und dann?!

Klara Sommer

Abstract:
 Was ist, wenn nach vielen Jahren Therapie ein/e KlientIn immernoch kein Selbst(gefühl) gefunden hat? Wenn kein "gesunder Kern" vorhanden scheint? Wenn keine Integration stattfindet? Wenn keine dauerhaft haltbare Stabilisierung erreicht wurde? Ist dann "alles umsonst" gewesen?

Der größte Teil meiner Lebenszeit verstreicht, während andere Ichs sich darin bewegen. Einige davon kennen sich, andere nicht. Zusammenzuwachsen scheint auch nach 10 Jahren mit unterschiedlichen Therapien nicht möglicher zu werden. Ich würde gern versuchen zu erklären, warum wir dennoch
Therapie brauchen und wie es sich anfühlt(e), mit und für BehandlerInnen immerzu etwas zu suchen – Worte, Bilder, Erklärungen, Brücken, Halt – um herauszufinden, was Hilfe braucht und wie. Dabei konnten wir fast nie etwas anfangen mit üblichen Therapiemethoden und auch nicht (dauerhaft) bei etwas ankommen, das als messbare "Heilung" gelten würde. Für uns kann aus vielen Ichs kein (ein) Selbst werden. Die meisten von uns brauchen auch keins, sondern "einfach nur" Hilfe da, wo sie gerade gebraucht wird. Das ist in der Praxis natürlich gar nicht immer umzusetzen, aber wichtig, es zu verstehen. Wie schwierig es ist, genau das herauszuarbeiten, warum es auch lebensgefährlich sein kann, Integration anzustreben und wie schwer es ist, hilfesuchend nach außen (und zurück) in Kontakt zu kommen, können wir am besten in einigen der Bilder zeigen, die während der Therapiejahre entstanden sind.


Kurzbiografie


14.00 – 15.30 Uhr … Workshop Session C

Workshop 12

14.00 – 15.30 Uhr … 
Session C
Dieser Workshop ist leider ausgebucht.

Den Körper (wieder) bewohnbar machen. 
Tanz- und Körperrituale zur Resilienzstärkung für komplex Traumatisierte

Dr. med. Margarethe Philipp

Abstract: Viele komplex Traumatiserte leben in großer innerer Distanz zu ihrem Körper. Neben der traumatherapeutischen Behandlung zeigt sich der nonverbale Ansatz im meditativen Tanz als hilfreich. "Dort wo die Sprache nicht mehr hinreicht, beginnt der Tanz zu sprechen." (Wosien, 2008:102).
Der Ansatz geht zurück auf Hannelore Eibach, die nach Begegnung mit dem Tänzer und Choreografen Bernhard Wosien, meditativen Tanz in die Psychotherapie integrierte, dies auch über Jahre u.a. bei den Lindauer Psychotherapiewochen vorstellte.

Einfache ritualisierte Tanzformen in Kreis oder Reihe helfen am ehesten über die Schwelle der Bewegungsangst. Mit Hilfe von wenigen unkomplizierten Schritten, die sich gleichförmig wiederholen, wird die Aufmerksamkeit vom Kopf in die Füße gelenkt, Körper und Musik rhythmisch koordiniert, begleitet von passenden Affirmationen, die Bewegungssymbolik erklärend und positive Bilder anregend. Damit werden 3 Sinneskanäle angesprochen: Hören, Sehen, selbst gesteuerte Bewegungen. Dies sorgt für Präsenz im Hier und jetzt und dem vielleicht ersten Gefühl einer Selbstwirksamkeit.

Die aus dem Tritt Geratenen finden wieder Schritt, ein gehbares Schrittmaß. Der Tanz im Kreis schenkt Verbundenheit, ohne fest zu binden, gibt Bewegungsfreiheit, ohne den Halt zu verlieren. Getragen vom Rhythmus wird die Einheit von Körper Geist und Seele sinnlich erfahrbar, in eine periodisch wiederkehrende Ordnung eingebunden. Die äußere Orientierung gibt Sicherheit, ermöglicht den PatientInnen Vertrauen wieder aufzubauen und daraus neue sie tragende Wege zu entwickeln.

Es geht nicht um den Konsum möglichst vieler Tänze, sondern um Wiederholung. Dadurch ist Einüben möglich, und jedes Mal, wenn derselbe Tanz getanzt wird, wird er anders erlebt, vielleicht vertiefter, vielleicht umfassender.

Dieser ganzheitliche, therapeutische Ansatz ermöglicht den Traumatisierten, den inneren Kindern, den Ego- States, wieder "Wohnrecht" in ihrem Körper zu beanspruchen, ihn wieder zu beziehen und beim Tanzen mit beiden Füßen Kontakt zur Erde zu haben, verwurzelt zu sein und aus sicherem Stand heraus zu reflektieren. Bedenken wir, daß viele Kleinkinder schon tanzen, bevor sie laufen lernen.

In der Tagesklinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik in Dernbach wird dieser Ansatz mit Erfolg praktiziert.

Der Workshop ermöglicht neben theoretischen Überlegungen (Symbolik, Wirkweise, Vorstellung der Wirksamkeitsstudie, Hintergründe) eigenes Erleben.

Mitzubringen sind bequeme Kleidung und Schuhe, Neugier und ggf. Freude am Barfußlaufen.

Kurzbiografie

Workshop 13

14.00 – 15.30 Uhr … 
Session C

Traumapädagogik: Das Instrument Hilfe-/ Teilhabeplanung

Thorsten Becker, Julia Bialek, Tina Mehmel, Angelika Vogler & Rita Wichmann

Abstract: 
Hilfeplanung ist eine zentrale Aufgabe der Jugendhilfe (SGB VIII) und entsprechend die Teilhabeplanung der Eingliederungshilfe (SGB XII).

Orientiert an den Überlebensstrategien und den sog. "Defiziten" des Klientel beschreibt der Hilfe- bzw. Teilhabeplan die vom Kostenträger beabsichtigten Leistungen der beauftragten Freien Träger. Was verändert möglicherweise der Blick mit der "Traumabrille" im Planungsprozeß?

Welche Formen der vernetzten Hilfe sind notwendig?Welche Fallstricke, Herausforderungen und Chancen ergeben sich aus einer Kooperation vieler unterschiedlicher Hilfeangebote?

Welche Erfahrungen, Wünsche und Forderungen haben professionelle Unterstützer*innen und Expert*innen in eigener Sache? Berichte aus der praktischen Arbeit und theoretischer Input sollen helfen, Fragestellungen für den eigenen Umgang mit und in Helfer*innennetzwerken zu er- und bearbeiten.

Kurzbiografien

Workshop 14

14.00 – 15.30 Uhr
 … Session C

Diagnostik und Differentialdiagnostik komplexer dissoziativer Störungen, insbesondere der Dissoziativen Identitätsstörung

Ute Bluhm-Dietsche



Abstract:
 Aufgrund der Komplexität der Symptomatik dissoziativer Störungen und den vielfältigen Erscheinungsformen insbesondere der Dissoziativen Identitätsstörung ist neben der klinischen Anamnese und Befunderhebung der Einsatz strukturierter diagnostischer Instrumente hilfreich und in vielen Fällen auch notwendig. Im Workshop sollen sowohl Selbstbeurteilungsfragebögen als auch diagnostische Interviews vorgestellt und ihre Einsetzbarkeit und Aussagefähigkeit erläutert werden. Gerne können diagnostische Fragen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer eingebracht werden.

Kurzbiografie

Workshop 15

14.00 – 15.30 Uhr … 
Session C
Dieser Workshop ist leider ausgebucht.

Therapeutische Arbeit in der Viel-Personen-Perpektive

Martina Rudolph

Abstract: PatientInnen mit Dissoziativer Identitätsstörung schwanken in ihrem Selbsterleben und ihrer Selbstbeschreibung zwischen verschiedenen grammatikalischen Perspektiven. Die 1. Person Singular "Ich" wird dabei von mehreren Anteilen gebraucht, die jedoch verschieden und getrennt voneinander sind. Über die anderen Anteile, die als fremd erlebt werden, wird häufig in der 3. Person Singular oder Plural gesprochen. Ein "Du" oder "Ihr" wird häufig phobisch vermieden, da es eine erste Kontaktaufnahme bedeutet. Um ein "Wir" entstehen zu lassen bedarf es häufig eines längeren therapeutischen Prozesses.
Als TherapeutIn ist man angehalten, diesen verschiedenen Perspektiven zu folgen. In der Arbeit oszilliert man häufig zwischen den verschiedenen Blickwinkeln, sollte jedoch die anderen Perspektiven nicht aus dem Blick zu verlieren. Dazu dient die therapeutische Beziehung als Anker und Orientierungspunkt, an dem die teilweise diametralen Sichtweisen gebündelt und geordnet werden können.

In dem Workshop soll es insbesondere um die Diskussion der Frage gehen, an welchen Stellen es therapeutisch sinnvoll ist, die Viel-Personen-Perspektive des/der PatientIn zu teilen und zu unterstützen und an welchen es hilfreich und wichtig erscheint, die Gesamtperson-Perspektive aufzuzeigen und zu verfolgen.

Kurzbiografie

Workshop 16

14.00 – 15.30 Uhr … 
Session C

Sexualisierte Gewalt in organisierten und/oder rituellen Strukturen – Erste ausgewählte Ergebnisse von zwei Online-Studien zur Sicht der Betroffenen und der Behandler_innen



Susanne Nick

Abstract: Erfahrungen von sexualisierter Gewalt und Ausbeutung im Kontext organisierter ritueller Gewalt, sind bisher gesellschaftlich, traumatherapeutisch und wissenschaftlich wenig anerkannt; sie gelten meist als seltene Randerscheinung oder als unvorstellbar. Obwohl Betroffene seit Jahrzehnten Unterstützung im psychosozialen Hilfesystem suchen, hält sich diese Annahme und es gibt nur wenige spezialisierte Angebote. Auch Professionelle geraten in der Begleitung dieser Klient_innen häufig in rechtliche, fachliche und ethische Grauzonen und an damit verbundene Grenzen.

Bisher gibt es national und international kaum Studien zu organisierter ritueller Gewalt. Vorkommen, Folgen, Erfahrungen im Versorgungssystem sowie spezifische Bedarfe aus Sicht von
Betroffenen und auch von begleitenden Fachkolleg_innen sind kaum wissenschaftlich erfasst. In diesem workshop werden erste ausgewählte Ergebnisse von zwei in diesem Jahr in Deutschland
erfolgten Online-Studien vorgestellt, die sich den genannten Themenbereichen widmen. Dieses Forschungsprojekt erfolgt in Kooperation mit der unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung
sexuellen Kindesmissbrauchs (Projektteam Prof. Peer Briken, Prof. Hertha Richter-Appelt und Dr. Johanna Schröder) und wird über den unabhängigen Beauftragten für sexuellen Kindesmissbrauch
(UBSKM) des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) gefördert.

Kurzbiografie

Workshop 17

14.00 – 15.30 Uhr … 
Session C

DIS – qualifizierte Behandlung

Nina Offenberg & Franka Mehnert

Abstract: In dem Workshop soll die stationäre störungsspezifische Arbeit mit Pat. mit Dis dargestellt werden mit allen schönen Momenten, Besonderheiten, Herausforderungen, Konflikten und der Integration in eine Psychosomatische Klinik.

Kurzbiografien