Freitag, 13. Mai 2022

Der Körper merkt sich alles – Trauma, Dissoziation und physische Erkrankungen

Eröffnung

09.15 Uhr

Dr. med. Harald Schickedanz, 1. Vorsitzender der DGTD e.V.
 

Vortrag 1


09.30 – 10.15 Uhr … Vortrag mit anschließenden Fragen

Effekte von Stress in frühen Lebensphasen auf das lebenslange Erkrankungsrisiko

Prof. Dr. Christine Heim

Abstract: Traumatische Erfahrungen im Kindesalter sind wichtige Risikofaktoren für das Auftreten psychiatrischer und körperlicher Erkrankungen im Erwachsenenalter. In retrospektiven Studien an Erwachsenen wurde gezeigt, dass frühe traumatische Erfahrungen mit grundlegenden Veränderungen in neuralen Schaltkreisen und peripheren Regulationssystemen assoziiert sind, welche einer Vulnerabilität für nachfolgenden Stress und einem gesteigerten Erkrankungsrisiko zugrunde liegen. Diese biologischen Veränderungen scheinen durch epigenetische Prozesse vermittelt und durch genetische Faktoren moderiert zu werden. Derzeitige Studien untersuchen die unmittelbaren Einbettungsprozesse, welche zu diesen langfristigen und ausgeprägten biologischen Veränderungen führen. Das Verständnis dieser Mechanismen liefert gezielte Ansatzpunkte für neue Interventionen sowie diagnostische Marker für die Vorhersage von individuellem Erkrankungsrisiko und Ansprechbarkeit auf spezifische Interventionen.

Kurzbiografie
 

Vortrag 2

10.15 – 11.00 Uhr … Der Vortrag wird als Video eingespielt

Das traumatisierte Gehirn:
Psychisches Trauma aus Sicht der Hirnforschung: Epigenetik, limbische Narben, Weitergabe und Therapie

Dr. Nicole Strüber

Abstract: In diesem Vortrag wird in enger Verzahnung von Psychologie und Neurobiologie erläutert, über welche Mechanismen Gehirn und somit Psyche durch frühe traumatische Erfahrungen geprägt werden können.

Die frühen Erfahrungen eines Kindes beeinflussen gemeinsam mit seiner individuellen genetischen Ausstattung die Chemie und die Verschaltungen des Gehirns. Dies wiederum gibt vor, wie es später im Leben mit hohen Anforderungen umgeht, wie effektiv es seine Emotionen regulieren kann und ob es sich in Beziehungen entspannen kann. Zahlreiche Forschungsergebnisse zeigen, dass frühe traumatische Erfahrungen die Entwicklung des Gehirns in einer Weise prägen können, dass das Risiko für die Entstehung psychischer Erkrankungen erhöht ist. Verankert wird diese frühe Prägung zum einen über epigenetische Markierungen von Genen des Stresssystems und weiterer neuromodulatorisch wirksamer Stoffe. Zum anderen zeigen sich „limbische Narben“ in Form von Änderungen in Größe und Reaktivität verschiedener, für die Verarbeitung von Emotionen wichtiger Hirnbereiche. Auch Phänomene wie die im Nachgang frühkindlicher Traumatisierungen häufig verminderte Fähigkeit zur Emotionsregulation oder auch Desorganisation oder die Weitergabe der Auswirkungen von Traumatisierungen über Generationen können mit Abläufen im Gehirn in Verbindung gebracht werden. Mit dem Blick der Hirnforschung ergeben sich zudem Voraussetzungen für erfolgreiche Interventionen im Kindesalter bzw. therapeutische Ansätze im Erwachsenenalter.

Kurzbiografie
 

Vortrag 3

11.30 –12.15 Uhr … Vortrag mit anschließenden Fragen

Medizinisch bedingte Traumatisierungen: über die Folgen von Geburtstrauma, Intensivbehandlung, COVID-19 und anderen medizinischen Herausforderungen

Dr. med. Jan Gysi

Abstract: Nach körperlichen Erkrankungen (wie z.B. Herzinfarkt, COVID-19 und Hirnschlag), chronischen körperlichen Erkrankungen, sowie nach medizinischen Eingriffen können posttraumatische Probleme auftreten. Zum Beispiel nach Geburten erleiden etwa 3% aller Mütter eine voll ausgeprägte posttraumatische Belastungsstörung (PTBS), ungefähr 10% beschreiben einige PTBS-Symptome mit relevanten Einschränkungen. Eine PTBS bei Müttern hat nicht nur negative Auswirkungen für die betroffenen Frauen, sondern auch für deren Kinder. Deshalb ist es auch mit Fokus auf die Neugeborenen wichtig, dass Mütter mit postpartaler PTBS eine Behandlung gemäss Guidelines erhalten können.

Neben PTBS nach medizinischen Erkrankungen geht dieser Vortrag zudem weiteren Themen im Bereich "Medizin und Psychotraumatologie" nach, wie z.B.: Übergriffe während medizinischen Behandlungen, spezielle Herausforderungen für Menschen mit dissoziativer Identitätsstörung mit Medikation und Operationen, sowie das Auftreten von Flashbacks nach Behandlungen mit Propofol. Um am Ende zu zeigen: Psychotraumatologie hat in Spitälern eine hohe Relevanz.

Kurzbiografie
 

Vortrag 4

12.15 – 13.00 Uhr … Vortrag mit anschließenden Fragen

Somatische Erfahrungen zur Auflösung von Traumafolgen nutzen – was macht Somatic Experiencing aus?

Ursula Funke-Kaiser

Abstract: Traumatische Erfahrungen sind nicht auf die Psyche begrenzte Ereignisse sondern ein Körper und Psyche zusammen überwältigendes Erleben. Somatic Experiencing bezieht daher alle Elemente der menschlichen Erfahrung in die Neuverhandlung des Traumas ein, um auf diese Weise die in Symptomen und problematischen Verhaltensweisen gebundenen Energien der in erstarrter Hilflosigkeit blockierten Kampf- und Fluchtimpulse wieder zu befreien und aufzulösen. Dabei liegt die Aufmerksamkeit besonders auf der somatischen Erfahrung, darauf, zu spüren, was im Körper jetzt geschieht. In feindosierter Weise ist es so möglich, aus Erstarrung wieder in den Fluß der Lebendigkeit zurück zu kommen.

Der Vortrag soll die Grundideen von Somatic Experiencing deutlich machen und Anwendungsmöglichkeiten in der Praxis aufzeigen.

Kurzbiografie

 

12.30 – 13.30 Uhr Podiumsdiskussion
 


Workshop Session A … 14.30 – 16.00 Uhr
 

Workshop 1

14.30 – 16.00 Uhr und 16.30 – 18.00 Uhr (3 Std.) … Session A+B

The body bears the burden – Der Körper trägt die Last der traumatischen Erinnerung

Lutz Besser

Abstract: Nicht erst seit dem umfangreichen Psychotraumatologiewerk von Bessel van der Kolk mit dem Titel "Verkörperter Schrecken" wird in der Forschung und in der Praxis der Traumatherapie immer deutlicher, welche Spuren traumatische Erfahrungen auf körperlicher Ebene hinterlassen. Daraus ergibt sich, dass nicht nur Interventionen, die der Verarbeitung von emotionalen und kognitiven Traumaresten dienen, hilfreich oder erforderlich sind, sondern therapeutisch auch mit dem Körper gearbeitet werden muss.

Solche Interventionen, die auf eingefrorene körperliche Traumareste zielen, werden bei der Traumakonfrontation nach dem KReST-Modell (Körper-, Ressourcen- und Systemorientierte Traumatherapie – nach Lutz Besser) effektiv genutzt und tragen maßgeblich zur Heilung bei. Auch ohne unmittelbare Traumakonfrontation haben sich verschiedene körpertherapeutische Techniken und Übungen bewährt, um im Körper stecken gebliebene Schutz-, Verteidigungs-, Flucht- oder Kampfimpulse zu lösen und die Körperfunktionen wieder in den Fluss zu bringen. Dazu gehört unter anderem das von David Berceli entwickelte TRE-Übungsprogramm (tension and trauma releasing exercise).

In dem Workshop sollen die theoretischen Grundlagen vorgestellt und die praktische Umsetzung demonstriert und erfahrbar gemacht werden. Dazu gehört auch die Vorstellung und das selbsterfahrungsorientierte Ausprobieren der TRE-Übungsreihe mit der Nutzung des "therapeutischen Zitterns".

Kurzbiografie
 

Workshop 2

14.30 – 16.00 Uhr … Session A

"Die im Dunkeln sieht man nicht" – Organisierte Rituelle Gewalt.

Martina Rudolph

Abstract: In dem Workshop soll es zunächst darum gehen, den "dunklen" Themenkomplex ORG aus verschiedenen Perspektiven zu beleuchten. Den Schwerpunkt des Workshops sollen dann aber klinische Themen bilden. Zum einen sollen Besonderheiten in der Symptomatik von Betroffenen und Hinweiszeichen auf das Thema ORG besprochen werden. Zum anderen sollen typische Fallstricke, besondere Herausforderungen und wichtige Hintergrundinformationen besprochen werden, die bei der Behandlung von Betroffenen relevant sind. Aus langjähriger Erfahrung sollen schließlich – auch unter Einbezug von Fragen und Anliegen der Teilnehmer*innen – wichtige Behandlungsschritte sowohl zur Symptomreduktion als auch zur Ausstiegsbegleitung besprochen werden.

Kurzbiografie
 

Workshop 3

14.30 – 16.00 Uhr … Session A

PITT ® Psychodynamisch Imaginative Traumatherapie in der Behandlung dissoziativer PatientInnen

Linda Beeking

Abstract: In der PITT® wird ein von Würdeorientierung, Mitgefühl und Ressourcenorientierung geprägtes Menschenbild zugrunde gelegt. Die Fähigkeit des/der TherapeutIn zur eigenen Selbstfürsorge ist Grundlage dafür, den PatientInnen hilfreiche Distanzierungsübungen, Selbstmitgefühl(sübungen) und Trost zu vermitteln. Die Versorgung jüngerer verletzter Selbstanteile auf der "inneren Bühne", also im imaginären Raum hilft, Blockierungen aufzuspüren, zu be- und verarbeiten und dadurch wieder im Hier und Jetzt handlungsfähiger zu werden. Die stete Differenzierung des "Dort und Damals" gegenüber dem "Hier und Jetzt" ermöglicht, die eigene Selbstwirksamkeit zu erfahren und einzuüben. Dabei wird achtsames Wahrnehmen des Körpers angeregt, bzw. solange dies noch zu phobisch besetzt ist durch die Therapeutin übernommen und mentalisiert. Verschiedene jüngere Selbstanteile zeigen unterschiedliche Körpererinnerungen und auch bei DIS PatientInnen kann dies analog genutzt werden. Durch die Arbeit auf der inneren Bühne und gleichzeitige Gestaltung der therapeutischen Arbeit in der Realisierung des "Hier und Jetzt" ermöglicht die Erfahrung, das jeweilige Körpererleben einzuordnen. "Die Auswirkungen von Vorstellungen auf den Körper und sein Befinden sind unmittelbar wahrnehmbar und helfen der Patientin/dem Patienten, sich bewusst und aktiv auf wirkungsvollere und heilsamere Vorstellungen einzulassen"
(Zitat Webseite von Luise Reddemann: http://www.luise-reddemann.de/konzept/)

In dem Workshop soll, für KollegInnen, die grundsätzliche Kenntnisse über Psychotraumatologie haben, ein Therapieverfahren konkret vorgestellt werden, dass sich für die Behandlung dissoziativer PatientInnen sehr gut eignet und mittels einer hilfreichen Beziehung die Selbstberuhigungsfähigkeit betont und durch Imagination (be-)übt und fördert. Die Bereitschaft Interventionen oder Übungen in Selbsterfahrung kennenzulernen wird erbeten.

  • Lit.: Reddemann, L.: Psychodynamisch Imaginative Traumatherapie, Klett Cotta Verlag, 11. Auflage 2021, Vollständig überarbeitet und erweiterte Auflage, ISBN: 978-3-608-89270-3
  • Reddemann, L.: Imagination als heilsame Kraft – Ressourcen und Mitgefühl in der Behandlung von Traumafolgen. Leben Lernen 288; 20., vollständig überarbeitete Aufl. 2017, ISBN: 978-3-608-89178-2

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Workshop 4

14.30 – 16.00 Uhr … Session A

Psychohygiene und Selbstregulation mit Zapchen Somatics

Annamaria Ladik

Abstract: Zapchen Somatics ist ein körpernaher Ansatz, der auf den Erkenntnissen der Psychosomatik, Psycho- und Körpertherapien und der tibetischen Geistesschulungs- und Heiltradition ruht. Die von Dr. Julie Henderson (USA) und Dr. Anthony Richardson (AUS) entwickelte Methode lädt unseren Körper direkt ein, uns dem innewohnenden Wohlbefinden zu nähern. Und dies geschieht unabhängig von allen Lebensumständen, jetzt und sofort.

In diesem Seminar werden grundlegende Übungen aus dem Zapchen Somatics vermittelt. Wir arbeiten mit Bewegung, Atem und Stimme sowie wenn möglich, mit freundlicher Berührung. Die Übungen beeinflussen positiv die Selbst- und Affektregulation. Die Übungen sind sowohl für uns selbst als auch für unsere Patienten*innen wohltuend. Sie vermitteln Achtsamkeit, Wertschätzung, Freundlichkeit und Mitgefühl. Sie lehren auf eine leichte und humorvolle Art, wie wir unseren Körper und Geist zum Wohlbefinden einladen können. Viele der Übungen haben sich in der Stabilisierungsphase einer Trauma zentrierten Psychotherapie als wirksame Unterstützung von Selbstannahme, Affektregulation, als Stressreduktion und Dissoziationstop sowie zum Erleben von Selbstwirksamkeit bewährt.

Herzlich willkommen!

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Workshop 5

14.30 – 16.00 Uhr … Session A

Krampfanfälle: Dissoziativ oder Epilepsie? An der Schnittstelle Psychiatrie und Somatik

Dr. med. Jan Gysi

Abstract: Zu dissoziative Krampfanfällen sind in der Literatur viele Begriffe bekannt: psychogene Anfälle, nicht-epileptische Krampfanfälle, dissoziativ-neurologische Symptomstörung mit nicht-epileptischen Krampfanfällen, uvm. Dissoziative Krampfanfälle können an der Schnittstelle zwischen Psychotraumatologie und Neurologie eine grosse Herausforderung darstellen, da die Unterscheidung zu Epilepsien herausfordernd sein kann. Bekannt ist, dass viele Menschen mit dissoziativen Krampfanfällen zu lange eine Epilepsiebehandlung erhalten und im Durchschnitt erst mit einer zeitlichen Verzögerung von 7 Jahren richtig diagnostiziert werden, sofern sie überhaupt richtig erkannt werden. Eine richtige Diagnose führt aber für viele Betroffene noch nicht zu einer besseren Lebensqualität: dissoziative Krampfanfälle sind oft mit Stigmatisierungen verbunden, und viele Betroffene erhalten keine adäquate Behandlung. In diesem Workshop wird die  Unterscheidung zwischen dissoziativen Krampfanfällen und Epilepsie mit Videobeispielen gezeigt. Zudem wird aufgezeigt, weshalb diese Anfälle in der Regel an Orten mit Menschen auftreten, und wie sie therapeutisch angegangen werden können. Teilnehmende sind eingeladen, nach vorgängigem Kontakt mit dem Referenten eigene Fälle vorzustellen.

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Workshop 6

14.30 – 16.00 Uhr … Session A

Die Bedeutung der Epigenetik bei der Weitergabe traumatischer Kindheitserfahrungen

Dr. med. Harald Schickedanz

Abstract: Den beiden traditionellen Hypothesen des Transfers psychischer Störung von einer Generation in die nächste: Vulnerabilität (Genetik) und Stress (Bindung; Erfahrung; Lernen) gesellt sich eine dritte hinzu: die epigenetische als Bindeglied. Psychosoziale Erfahrungen nehmen Einfluss auf die Genexpression und können epigenetisch an Folgegenerationen weitergegeben werden.

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Workshop Session B … 16.30 – 18.00 Uhr
 

Workshop 1 – Fortsetzung

14.30 – 16.00 Uhr und 16.30 – 18.00 Uhr (3 Std.) … Session A+B

The body bears the burden – Der Körper trägt die Last der traumatischen Erinnerung

Lutz Besser

Abstract: Nicht erst seit dem umfangreichen Psychotraumatologiewerk von Bessel van der Kolk mit dem Titel "Verkörperter Schrecken" wird in der Forschung und in der Praxis der Traumatherapie immer deutlicher, welche Spuren traumatische Erfahrungen auf körperlicher Ebene hinterlassen. Daraus ergibt sich, dass nicht nur Interventionen, die der Verarbeitung von emotionalen und kognitiven Traumaresten dienen, hilfreich oder erforderlich sind, sondern therapeutisch auch mit dem Körper gearbeitet werden muss.

Solche Interventionen, die auf eingefrorene körperliche Traumareste zielen, werden bei der Traumakonfrontation nach dem KReST-Modell (Körper-, Ressourcen- und Systemorientierte Traumatherapie – nach Lutz Besser) effektiv genutzt und tragen maßgeblich zur Heilung bei. Auch ohne unmittelbare Traumakonfrontation haben sich verschiedene körpertherapeutische Techniken und Übungen bewährt, um im Körper stecken gebliebene Schutz-, Verteidigungs-, Flucht- oder Kampfimpulse zu lösen und die Körperfunktionen wieder in den Fluss zu bringen. Dazu gehört unter anderem das von David Berceli entwickelte TRE-Übungsprogramm (tension and trauma releasing exercise).

In dem Workshop sollen die theoretischen Grundlagen vorgestellt und die praktische Umsetzung demonstriert und erfahrbar gemacht werden. Dazu gehört auch die Vorstellung und das selbsterfahrungsorientierte Ausprobieren der TRE-Übungsreihe mit der Nutzung des "therapeutischen Zitterns".

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Workshop 7

16.30 – 18.00 Uhr ... Session B

Den Körper (wieder) bewohnbar machen
Tanz- und Körperrituale zur Resilienzstärkung für komplex Traumatisierte

Dr. med. Margarete Philipp

Abstract: Viele komplex Traumatiserte leben in großer innerer Distanz zu ihrem Körper. Neben der traumatherapeutischen Behandlung zeigt sich der nonverbale Ansatz im meditativen Tanz als hilfreich. "Dort wo die Sprache nicht mehr hinreicht, beginnt der Tanz zu sprechen." (Wosien, 2008:102).
Der Ansatz geht zurück auf Hannelore Eibach, die nach Begegnung mit dem Tänzer und Choreografen Bernhard Wosien, meditativen Tanz in die Psychotherapie integrierte, dies auch über Jahre u.a. bei den Lindauer Psychotherapiewochen vorstellte.

Einfache ritualisierte Tanzformen in Kreis oder Reihe helfen am ehesten über die Schwelle der Bewegungsangst. Mit Hilfe von wenigen unkomplizierten Schritten, die sich gleichförmig wiederholen, wird die Aufmerksamkeit vom Kopf in die Füße gelenkt, Körper und Musik rhythmisch koordiniert, begleitet von passenden Affirmationen, die Bewegungssymbolik erklärend und positive Bilder anregend. Damit werden 3 Sinneskanäle angesprochen: Hören, Sehen, selbst gesteuerte Bewegungen. Dies sorgt für Präsenz im Hier und jetzt und dem vielleicht ersten Gefühl einer Selbstwirksamkeit.

Die aus dem Tritt Geratenen finden wieder Schritt, ein gehbares Schrittmaß. Der Tanz im Kreis schenkt Verbundenheit, ohne fest zu binden, gibt Bewegungsfreiheit, ohne den Halt zu verlieren. Getragen vom Rhythmus wird die Einheit von Körper Geist und Seele sinnlich erfahrbar, in eine periodisch wiederkehrende Ordnung eingebunden. Die äußere Orientierung gibt Sicherheit, ermöglicht den PatientInnen Vertrauen wieder aufzubauen und daraus neue sie tragende Wege zu entwickeln.

Es geht nicht um den Konsum möglichst vieler Tänze, sondern um Wiederholung. Dadurch ist Einüben möglich, und jedes Mal, wenn derselbe Tanz getanzt wird, wird er anders erlebt, vielleicht vertiefter, vielleicht umfassender.

Dieser ganzheitliche, therapeutische Ansatz ermöglicht den Traumatisierten, den inneren Kindern, den Ego- States, wieder "Wohnrecht" in ihrem Körper zu beanspruchen, ihn wieder zu beziehen und beim Tanzen mit beiden Füßen Kontakt zur Erde zu haben, verwurzelt zu sein und aus sicherem Stand heraus zu reflektieren. Bedenken wir, dass viele Kleinkinder schon tanzen, bevor sie laufen lernen.

In der Tagesklinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik in Dernbach wird dieser Ansatz mit Erfolg praktiziert. Im Rahmen einer Literaturrecherche konnten Belege gefunden werden, dass der meditative Tanz auf 23 Items der Neurophysiologie der PTBS einen positiven Einfluss nehmen.
Der Workshop ermöglicht neben theoretischen Überlegungen (Symbolik, Wirkweise, Vorstellung der Wirksamkeitsstudie, Neurophysiologie) eigenes Erleben.
Mitzubringen sind bequeme Kleidung und Schuhe, Neugier und ggf. Freude am Barfußlaufen.

Kurzbiografie
 

Workshop 8

16.30 – 18.00 Uhr ... Session B

Warum heilt das nicht? Der Einfluss von Trauma auf Wundheilung und Krankheitsbewältigung

Petra Kriependorf und André Schröder

Abstract: Wunden, die nicht heilen, Knochen, die nicht zusammenwachsen, wiederkehrende Infektionen, Keimbefall: was hat das mit früher Stressbelastung in der Kindheit, traumatischen Erfahrungen und/oder fehlender Empathie in der Akutversorgung zu tun. Welche Rolle spielen hier Dissoziation und Schmerzvermeidung? Anhand von aktuellen Studienergebnissen und Fallvorstellungen wollen wir Zusammenhänge und Wirkmechanismen sowie Therapiemöglichkeiten aufzeigen. Es soll auch Raum für Fragen, Austausch und eigene Fallvorstellungen geben.

Kurzbiografien
 

Workshop 9

16.30 – 18.00 Uhr ... Session B

In die Somatische Erfahrung kommen – und mit den verschiedenen Ebenen des Gehirns sprechen

Ursula Funke-Kaiser

Abstract: Unser Gehirn bietet uns unterschiedliche Erfahrungsmöglichkeiten an, die dann mit den verschiedenen Ebenen des Gehirns verarbeitet werden. Bei Gefahr übernimmt das Stammhirn, bei geringerer Erregung stehen uns auch höhere Strukturen zur Verfügungen und sind an der Steuerung unseres Verhaltens maßgeblich mit beteiligt. Wie können wir diese Unterschiede differenzierter erleben und anfangen, in Begegnungen gezielt einzusetzen? Kleine Übungen sollen einen Zugang dazu aufzeigen.

Kurzbiografie
 

Workshop 10

16.30 – 18.00 Uhr ... Session B

Traumaerfahrungen und Körpergedächtnis – mögliche Auswirkungen und pädagogische Handlungsmöglichkeiten

Thorsten Becker, Julia Bialek, Heidrun Girrulat, Martin Kühn

Abstract: Die im Körper gespeicherten Erinnerungen an traumatische Lebenserfahrungen können im Alltag in vielschichtiger Weise aktiviert und aktualisiert werden. Sie werden von den betroffenen Menschen in so unterschiedlicher Art erlebt und und zum Ausdruck gebracht, dass es für Fachkräfte psychosozialer Arbeitsfelder oft eine große Herausforderung darstellt, sie als solche zu erkennen und spezifische Unterstützungsmöglichkeiten anzubieten.

Kurzbiografien