Referent*innen Samstag, 6. Mai 2023

Gewalt – Macht – Sinn
Trauma, Dissoziation und Spiritualität

 

Vortrag 3

09.30 – 10.00 Uhr

"Gewalt – Macht – Sinn; Trauma, Dissoziation und Spiritualität
Begriffe – Funktionen – Konnotationen“ Impulse für einen kritischen interdisziplinären Diskurs

Prof. Dr. Ernst Hauck

Abstract: Interdisziplinärer Austausch setzt die Möglichkeit gegenseitigen Verstehens voraus: Es bedarf der Einigung, worüber gesprochen wird, und sei es nur im Sinne von Arbeitsbegriffen. Was verbirgt sich etwa hinter den Begriffen "Gewalt" oder "Trauma"? Hinter den Begriffen liegen unterschiedliche Vorstellungswelten. Sie lassen sich leichter erschließen, wenn die jeweilige Funktion der Begriffe deutlich wird. Hierbei verspricht auch der Blick auf mögliche Konnotationen Erkenntnisgewinn. Stehen Traumafolgestörungen im Fokus, rücken die Fragen nach Krankheitsbegriff, Diagnose, Prävention und Therapie in den Mittelpunkt, damit zugleich auch Fragen nach den Ursachen und möglichen sowie bestehenden Hilfen auf individueller und gesellschaftlicher Ebene einschließlich den Hilfen auf der Ebene des Rechts. Der Vortrag zielt darauf ab, Schlaglichter auf die aufgezeigte Problematik zu werfen.

Kurzbiografie
 

Vortrag 4

10.00 – 10.30 Uhr

Erlösende Geschwisterlichkeit – Verantwortung, Verzicht und Vergebung

Prof. Dr. Ursula Riedel-Pfäfflin

Abstract: Traumatisierende Erlebnisse von Gewalt, Hassbotschaften, Missbrauch und Fluchtprozessen bedrohen weltweit nicht nur Einzelne, sondern Massen von Menschen, auch und gerade Kleinstkinder und Heranwachsende in prekären Lebenssituationen. Waren nach dem ersten und zweiten Weltkrieg Millionen von Menschen der Überzeugung, nie wieder Krieg und Verfolgung zu wollen und sich dafür in neuen Gesellschaften einzusetzen, erfahren wir heute ein irritierendes Anwachsen von Droh- und Vernichtungsgeschehen, Ausbeutung und Zerstörung der Lebensbedingungen für zukünftige Generationen.

Wie können Beratung, Seelsorge und Therapie nicht nur in Bezug auf traumatisierte Einzelne und Familien verantwortlich handeln? Welche Bedeutung haben darin Traditionen und neue Ansätze unterschiedlicher Glaubenstraditionen und spiritueller Praxis mit ihren Sinn-zuschreibungen? Auf welche Privilegien und Annahmen müssen auch wir verzichten? Wie gelingen reife Vergebung und eventuell sogar Versöhnung?

Ausgehend von Rene Girards Analyse des Sündenbocksyndroms, der Logik der Gewalt und des Sinns von Erlösung wird die Vision eines Ansatzes bewusst gewählter Geschwisterlichkeit skizziert. Sie wurde in Zusammenarbeit mit Dr. Archie Smith, Jr. (Berkeley) entwickelt und im internationalen/interspirituellen Dialog der Theorie und Praxis von Beratung, Therapie und Seelsorge vertieft: Siblings by Choice. Was kann erlösend sein?

Kurzbiografie
 

Vortrag 5

11.00 – 11.30 Uhr

Spirituelle Gewalt

Sabeth Kemmler

Abstract: Was bedeutet es, spirituell selbstbestimmt zu sein? Wer ist spirituell handlungsfähig oder ist es nicht? Wie definieren sich spirituelle Not und spirituelle Gewalt/spiritueller Missbrauch?

Als Theologin und Philosophin arbeitet Doris Reisinger zu diesen Kernfragen auf der Grundlage eigener Missbrauchserfahrungen innerhalb eines katholischen Ordens und ihrer Kenntnis von Leidenswegen vieler Betroffener. Der Vortrag will ihre grundlegenden Gedanken aufgreifen und weiterführen. Wieso geraten Menschen aufgrund traumatischer Erfahrungen in spirituelle Not? Weisen traumatische Erfahrungen, die Menschen einander zufügen, generell Elemente spiritueller Gewalt und spirituellen Missbrauchs auf? Inwieweit kann es unsere Aufgabe in der Begleitung von Menschen mit schweren Belastungserfahrungen sein, diese in ihrer spirituellen Selbstbestimmung zu fördern?

Kurzbiografie
 


Workshop Session C … 14.30 – 16.00 Uhr
 

Workshop 11

14.00 – 15.30 Uhr … Workshop Session C

"Gewalt – Macht – Sinn; Trauma, Dissoziation und Spiritualität
Begriffe – Funktionen – Konnotationen" Impulse für einen kritischen interdisziplinären Diskurs

Prof. Dr. Ernst Hauck

Abstract: Interdisziplinärer Austausch setzt die Möglichkeit gegenseitigen Verstehens voraus: Es bedarf der Einigung, worüber gesprochen wird, und sei es nur im Sinne von Arbeitsbegriffen. Was verbirgt sich etwa hinter den Begriffen "Gewalt" oder "Trauma"? Hinter den Begriffen liegen unterschiedliche Vorstellungswelten. Sie lassen sich leichter erschließen, wenn die jeweilige Funktion der Begriffe deutlich wird. Hierbei verspricht auch der Blick auf mögliche Konnotationen Erkenntnisgewinn. Stehen Traumafolgestörungen im Fokus, rücken die Fragen nach Krankheitsbegriff, Diagnose, Prävention und Therapie in den Mittelpunkt, damit zugleich auch Fragen nach den Ursachen und möglichen sowie bestehenden Hilfen auf individueller und gesellschaftlicher Ebene einschließlich den Hilfen auf der Ebene des Rechts. Der Vortrag zielt darauf ab, Schlaglichter auf die aufgezeigte Problematik zu werfen.

Der Workshop dient der Vertiefung der Problematik.

Kurzbiografie
 

Workshop 12

14.00 – 15.30 Uhr … Workshop Session C

Die Praxis interdisziplinärer, interkultureller und interspiritueller Seelsorge / Beratung / Therapie

Prof. Dr. Ursula Riedel-Pfäfflin

Abstract:

  • Austausch über den Vortrag im reflecting teams; eigene Fragen und Visionen
  • Einführung in die Arbeit der Just Therapy in Neuseeland: interkulturelle, inter-spirituelle Ansätze der Arbeit mit Tätern und Täterinnen, und mit Traumatisierten: Einladung zur Verantwortung
  • Erfahrungsaustausch über Arbeit in diesen Bereichen
  • Beispiel einer interdisziplinären Fallbesprechung, wie sie in Dresden in der ehs monatlich seit sechs Jahren mit unterschiedlichen Berufsgruppen und Studierenden zu Fällen der Kindes-Wohlgefährdung angeboten wird, offen, frei und unentgeltlich. Was bedeuten in konkreten Situationen gewaltorientierter Familien, mit zahllosen Helfersystemen und Traumatisierten in mehreren Generationen: Verantwortung, Verzicht und bewusste Geschwisterlichkeit aller Beteiligten?

Kurzbiografie
 

Workshop 13

14.00 – 15.30 Uhr … Workshop Session C

Trauma und behindertes Leben – Gewalt – Macht – Sinn?

Julia Bialek, Martin Kühn

Abstract: Menschen mit Behinderungen und/oder Lernschwierigkeiten gehören in vielfacher Hinsicht zu einer Hochrisikogruppe in Bezug auf potentiell traumatisierende Lebenserfahrungen. Ausdrucksformen einer Traumatisierung werden von der Außenwelt bei ihnen aber oft unhinterfragt der Behinderung zugeschrieben. Es fehlen dann nicht nur traumaspezifische Unterstützungsangebote, sondern es werden traumabezogene Symptome und Verhaltensweisen reglementiert und sanktioniert. Zusätzlich erleben Menschen mit Behinderungen und/oder Lernschwierigkeiten häufig, dass sie von der Außenwelt in ihren individuellen Sinnkonstruktionen nicht verstanden werden und das Kommunikation und damit Ausdruck ihrer Sinnzuschreibungen erschwert ist oder nicht gelingt. Dies alles schafft eine Lebenswelt, in der auch im Alltag nur allzu oft Erfahrungen von Macht und Gewalt gemacht werden und in der die Lebenswelt be-hindernd werden kann.

In diesem Workshop soll auf die Hintergründe der beschriebenen Aspekte eingegangen und alltagsorientierte Verstehens- und Handlungsmöglichkeiten für die pädagogische Praxis aufgezeigt werden.

Kurzbiografien
 

Workshop 14

14.00 – 15.30 Uhr … Workshop Session C

Qi Gong

Dr. med. Harald Schickedanz

Abstract: Qi Gong und Tai Chi sind gängige Formen achtsamer Körperwahrnehmung, die entsprechend modifiziert in der stationären Psychotherapie Traumatisierter beliebte Anwendung erfahren. Der Workshop ist ausschließlich der Praxis und Selbsterfahrung gewidmet.

Kurzbiografie
 

Workshop 15

14.00 – 15.30 Uhr … Workshop Session C

Gewalt. Macht. Tradition. – Für einen traumatischen Start ins Leben

Margarete Sommer

Abstract: In den letzten fünf Jahren wurden in Deutschland mehr als drei Millionen Kinder geboren, die meisten davon während ihre Mütter Gewalt ausgesetzt waren. Das mag übertrieben klingen, aber viele der Übergriffe in der Geburtshilfe wie im sonstigen Gesundheitswesen werden so routiniert vollzogen und hingenommen, dass wir sie kaum noch oder gar nicht mehr bemerken. Seit einiger Zeit wird die Öffentlichkeit durch Elterninitiativen darauf aufmerksam. Hebammen, deren Kernkompetenz die Betreuung physiologischer Geburten ist, suchen nach Erklärungen und Auswegen. Sie plädieren für einen achtsameren Umgang mit dem Beginn des Lebens. Wie wir Menschen durch diese Zeit begleiten hat entscheidenden Einfluss auf viele Bereiche persönlicher und gesellschaftlicher Entwicklung. Wir beobachten, dass gewaltgeprägte Routinen von Generation zu Generation beklagt und doch immer weiter fortgesetzt werden. Die Hebamme Margarete Sommer wertet im Rahmen ihrer Masterarbeit eine Umfrage unter Kolleginnen aus, in der sie erfragt hat, ob Gewalt in der Ausbildung werdender Hebammen früher und heute eine Rolle spielt(e) und wenn ja welche. Sie stellt die Frage, ob Gewalt und transgenerationale Traumatisierung in der Hebammenausbildung Tradition haben. Wenn das so ist, sollten wir alle, fachübergreifend, daran arbeiten zu verstehen warum das so ist, damit wir es verändern können. Denn: traumatisierende Geburtshilfe ist Ursache, Symptom und Folge von allem, worum wir uns nicht kümmern.

Kurzbiografie
 

Workshop 16

14.00 – 15.30 Uhr … Workshop Session C

Wie kann ambulante Psychotherapie mit komplex Traumatisierten/ dissoziativen Patient*innen beginnen und gelingen?

Linda Beeking

Abstract: Zunehmend kommen Patient*Innen in Praxen und Beratungsstellen, die ihre Diagnose im Erstkontakt bereits mitteilen und nach einer spezifischen Traumtherapie fragen. Aber oft sitzt auch jemand vor uns und wir realisieren, dass wir diesen Menschen zunächst nicht fassen, nicht einordnen können und wir erkennen, dieser Mensch zeigt sich in verschiedenen Selbstanteilen oder ist bemüht uns gerade das nicht merken zu lassen. Bücher zum Thema gibt es bereits sehr viele, aber um es mit Goethe zu sagen: "Grau, teurer Freund, ist alle Theorie und grün des Lebens goldner Baum." Komplex traumatisierte PatientInnen verlangen uns viel ab, da wir auch an eigene Grenzen stoßen. Hochdissoziative Menschen waren oder sind i.d.R. schwerstem Gewalterleben und massiven Bindungstraumatisierungen ausgesetzt. Regelhaft finden sich Selbstanteile, die täterloyal oder täteridentifiziert das Werk der Täter im Inneren fortsetzen. Die PatientInnen mussten sich unerträglichen Lebensumständen anpassen und setzen diese Anpassungsleistung fort. Ein Balanceakt in der Psychotherapie. Ebenso gibt es Patient*Innen mit dissoziativen Symptomen infolge medizinischer Eingriffe bald nach Geburt und danach wiederholt in verschiedenen Lebensaltern/Wachstumsphasen. Diese komplex traumatisierten Patient*Innen fühlen sich häufig nicht gesehen und finden, ebenso wie die erstgenannten oft keinen Therapieplatz.

Wie können wir den PatientInnen helfen, Veränderung zu ermöglichen? Wie können wir selbst verstehen, was jeweils ist und was es mit uns macht?

In dem Workshop soll, für KollegInnen, die erste Erfahrungen mit (hoch-)dissoziativen PatientInnen gemacht haben oder sich der Thematik annähern wollen, ein Überblick über ein sinnvolles Vorgehen gegeben, sowie entsprechende Strategien und Techniken dargestellt werden. An Fallbeispielen können zwischendurch Fragen erörtert werden.

Kurzbiografie