Freitag, 04. September 2015

Thema: Reale Täter

Vortrag 1

09.30 – 10.00 Uhr

Vom Opfer zur TäterIn – oder zum erneuten Opfer? Täterloyalität und Täteridentifikation bei Gewaltüberlebenden

Michaela Huber

Abstract: 
"Er hatte doch recht, ich bin es selbst schuld." "Dagegen kommt man nicht an." "Kinder müssen mit Härte erzogen werden." Solche und ähnliche Äußerungen hören wir oft von Gewaltüberlebenden. Etwas in ihnen spricht sie schuldig – wie der Täter es tat. Manche passen sich an unerträgliche Verhältnisse weiterhin an, obwohl sie längst heraus könnten. Und nicht wenige gehen mit Schutzbefohlenen impulsiv grausam um, auch wenn sie sich sehr viel Mühe geben, es "ganz anders" zu machen, als sie es selbst erlebt haben. Wie können wir diese Phänomene verstehen und den "Feind im Innern" zur Zusammenarbeit mit den freundlichen Bereichen der Persönlichkeit motivieren – und damit vielleicht sowohl Selbstzerstörung als auch Täterschaft nach außen hin verhindern?

Vortrag 2

10.00 – 10.30 Uhr

Der Blick zurück nach vorn:
Lebensrückblicke Traumatisierter

Prof. Dr. Dr. Andreas Maerker


Abstract: 
Was weiß die Psychologie über die Wirkung des Lebensrückblicks? Wenn er gut in die Therapie eingebettet und richtig angewendet wird, wirkt er genauso gut wie andere Therapietechniken oder Medikamente. Dabei geht es um die traumabedingten Schädigungen als auch um individuelle Ressourcen. Der Autor spannt einen Bogen zwischen Grundlagenforschungen in diesem Bereich, biografischen Erzählungen Traumatisierter bis hin zu globalen Ansätzen, wie sie von der Weltgesundheitsorganisation vertreten werden.

Kurzbiografie

Vortrag 3

11.15 – 11.45 Uhr

Primäre Prävention sexueller Traumatisierung von Kindern: Theorie und Praxis

Prof. Dr. med. Dr. phil. Klaus M. Beier

Abstract: 
Nach einer Erläuterung der begrifflichen und definitorischen Grundlagen in diesem nach wie vor unterschätzten Feld von hoher Relevanz für das öffentliche Gesundheitswesen wird praxisbezogenen Aspekten Rechnung getragen: Welche Möglichkeiten bestehen, Kinder vor sexueller Traumatisierung zu schützen, indem man bei den Verursachern ansetzt? Hierzu bedarf es fundierter Erkenntnisse darüber, wie man diejenigen präventiv erreicht, die Taten begehen (könnten) bzw. Wissen darüber, wie diese bei der Tatbegehung vorgehen (könnten). 

Berichtet wird über die bisherigen Erfahrungen des Präventionsprojektes Dunkelfeld, das 2005 am Institut für Sexualwissenschaft und Sexualmedizin der Charité initiiert wurde und mittlerweile zu dem bundesweiten Präventionsnetzwerk "Kein Täter werden" mit Anlaufstellen in 10 weiteren Bundesländern ausgebaut werden konnte (vgl. www.kein-taeter-werden.de). Ziel des Projektes ist es sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen sowie die Nutzung von Missbrauchsabbildungen präventiv zu verhindern. Dabei wurde deutlich, dass Männer mit pädophiler und hebephiler Präferenzstörung (i.e. eine sexuelle Ansprechbarkeit für das kindliche bzw. frühpubertäre Körperschema) über eine qualifizierte Medienkampagne mit begleitender Öffentlichkeitsarbeit für eine präventive Therapie erreichbar sind. Zudem hat sich gezeigt, dass die psychische Symptombelastung von Männern mit pädophiler oder hebephiler Neigung überdurchschnittlich ist und sich durch therapeutische Maßnahmen Risikofaktoren für die Begehung sexueller Übergriffe auf Kinder sowie die Nutzung von Missbrauchsabbildungen in der gewünschten Richtung wirksam beeinflussen lassen.

In dem Zusammenhang wird auch über das seit April 2014 laufende Forschungsprojekt "Primäre Prävention von sexuellem Kindesmissbrauch durch Jugendliche" (PPJ) berichtet, welches zum Ziel hat, ein präventives diagnostisches und therapeutisches Versorgungsangebot für Jugendliche mit sexuell auffälligen Verhaltensweisen und Fantasien im Zusammenhang mit Kindern zu etablieren und zu evaluieren. Durch das frühzeitige Erkennen einer pädophilen Präferenzbesonderheit soll die innere Auseinandersetzung mit der Hintergrundproblematik bei den betroffenen Jugendlichen gefördert werden. Ihnen wird ein therapeutisches Angebot zur Erhöhung der Verhaltenskontrolle unterbreitet. Dabei ist die Einbeziehung von Angehörigen bzw. Eltern ein genauso unabdingbarer Bestandteil der Behandlung wie die adäquate Erkennung und Berücksichtigung komorbider Störungen (vgl. www.du-traeumst-von-ihnen.de). 

Kurzbiografie

Workshop Session A … 14.30 – 16.00 Uhr



Workshop 1

14.30 – 16.00 Uhr und 
16.30 – 18.00 Uhr (3 Std.)
Session A+B 

Dissoziativ und zum Täter geworden: Was können HelferInnen tun?

Michaela Huber & Thorsten Becker

Abstract: 
Opfer haben Täterintrojekte – und Täter waren ehemalige Opfer.
Wenn das stimmt – welche Konsequenzen für Prävention, Beratung und Psychotherapie ergeben sich daraus?
Welche ethischen Folgerungen ergeben sich für die praktische Arbeit? Und was bedeutet dies in strafrechtlicher Hinsicht?

Kurzbiografien

Workshop 2

14.30 – 16.00 Uhr
Session A

"Hilfe – Ich muss stationär"

Dr. med. Kornelia Sturz

Abstract:
Das Team der Klinik am Waldschlößchen, Zentrum für Psychotraumatherapie, stellt sich und die spezifische Arbeit in einem Workshop vor. Es wird Gelegenheit für viel Diskussion und Fragen geben sowie eine Klinikführung.

Kurzbiografie
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Achtung: Dieser Workshop findet in der Klinik am Waldschlößchen statt und hat geänderte Anfangs- u. Endzeiten (Beginn: 14.45 / Ende: 15.50). Es ist ein Shuttle Bus eingerichtet. Abfahrtzeiten siehe hier.

Workshop 3

14.30 – 16.00 Uhr (1,5 Std.)
Session A

Die neuen Trauma- und Belastungsdiagnosen des ICD-11: Konsequenzen für das Diagnostizieren und Therapieren

Prof. Dr. Dr. Andreas Maerker
Universität Zürich in Zusammenarbeit mit der WHO Genf

Abstract:
In der nächsten Zeit wird es neben dem neuen DSM-5 auch das ICD-11 zur Klassifikation psychischer Störungen geben. Die internationale Arbeitsgruppe der WHO zu den "Disorders specifically associated with stress" unter der Leitung des Workshopleiters ist dabei, weitreichende Veränderungen zu erarbeiten. Die WHO zielt mit dem ICD-11 darauf ab, die Störungskonzepte für einen weltweiten Gebrauch, u.a. auch in Krisensituationen, passfähig zu machen. Zugleich soll ein inflationärer Gebrauch der PTBS (nach der Devise: "jede psychische Störung nach einer äußeren Belastung ist eine PTBS") verhindert werden. Fünf Diagnosen werden vorgestellt: PTBS (enger gefasst als bisher und als im DSM-5), Komplexe PTSD (früher: F62.0 Anhaltende Persönlichkeitsveränderung nach Extrembelastung), Anhaltende Trauerstörung, Anpassungsstörung und Bindungsstörungen des Kindesalters. Die Akute Belastungsstörung wird demnach zu einem ICD-Z-Code. Im Workshop werden diese Konzepte vorgestellt. Für die Störungen im Erwachsenenalter wird ein Überblick über evidenz-basierte Therapien gegeben, der den Einsatz neuer bzw. selten beschriebener Therapietechniken beinhaltet. 

Kurzbiografie

Workshop 4

14.30 – 16.00 Uhr (1,5 Std.)
Session A

"Das hätte ich lieber nicht gehört…" Vom Umgang mit der Belastung in der Therapie

Dr. med. Harald Schickedanz

Abstract:
Wie dekontaminiere ich mich von toxischem Belastungsmaterial? Wie kann ich durch Stärkung der Selbstfürsorge ein guter Helfer bleiben? Wann muss ich mich gegen Mittäterschaft entscheiden? Und wie bleibt Mensch in unserem Beruf arbeitsfreudig und lebenslustig?

Kurzbiografie

Workshop 5

14.30 – 16.00 Uhr (1,5 Std.)
Session A

Ambulante Therapie für Komplextraumatisierte – Wunsch und Wirklichkeit

Dr. med. Brigitte Bosse


Abstract:
Komplextraumatisierte Menschen brauchen in der Regel mehr ambulante Psychotherapie als von den gültigen Psychotherapierichtlinien vorgesehen. In diesem Workshop wollen wir uns mit Möglichkeiten der Therapiefinanzierung auseinandersetzen und ihre jeweiligen Vor- und Nachteile diskutieren. Grundsätzlich sind Therapiefinanzierungen nicht nur über die GKV denkbar, sondern auch im Rahmen des Opferentschädigungsgesetzes, im Rahmen des Ergänzenden Hilfesystems, dem "Fond Sexueller Missbrauch im familiären Bereich", Stiftungen, Klagen, o.ä. Was dabei jeweils zu beachten ist, wird Inhalt des Workshops sein. Da wir praxisnah diskutieren wollen, sollen eigene Fälle mitgebracht werden.

Kurzbiografie

Workshop Session B … 16.30 – 18.00 Uhr



Workshop 6

16.30 – 18.00 Uhr (1,5 Std.)
Session B

Sexuelle Präferenz- und Verhaltensstörungen

Prof. Dr. med. Dr. phil. Klaus M. Beier

Abstract:Es wird ein Überblick gegeben über Phänomenologie, Diagnostik und Therapie der sexuellen Präferenzstörungen und dabei auch auf die mögliche Überlappung mit sexuellen Verhaltensstörungen eingegangen. Der Behandlungsansatz des Präventionsprojektes Dunkelfeld (vgl. www.kein-taeter-werden.de) kommt genauso zur Sprache wie das seit 2014 speziell auch für Jugendliche vorgehaltene präventive Therapieangebot zur Verhinderung sexuellen Kindesmissbrauchs im Dunkelfeld (vgl. www.du-traeumst-von-ihnen.de). 

Kurzbiografie

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Workshop 7

16.30 – 18.00 Uhr (1,5 Std.)
Session B

– leider ausgebucht –


Körpertherapiepraxis Hier und Jetzt 

Susan Klose 

Abstract:
Dieser Workshop soll einen Eindruck vermitteln, wie Körpertherapie in der Arbeit mit traumatisierten PatientInnen in der Klinik am Waldschlößchen Dresden zur Anwendung kommt.

Die Teilnehmer werden eingeladen, verschiedene körper- und bewegungstherapeutische Angebote vom spielerisch bewegten Miteinander bis zu behutsamen Wahrnehmungsübungen auszuprobieren. Gemeinsam ist diesen Angeboten, dass sie immer auf  ein Erleben im Hier und Jetzt orientieren. Auf diese Weise kann ein innerer Abstand zu belastenden Gedanken und Gefühlen gewonnen werden. Es kann bewusst(er) werden, dass belastende Erinnerungen vorbei sind, neue Erfahrungen werden möglich.  

Zum Abschluss des Workshops werden einige lockere spannungs- und affektabführende Bewegungen aus dem Zapchen somatics gezeigt und angeboten, die nicht nur in der Arbeit mit Patienten hilfreich sind, sondern auch der eigenen Psychohygiene dienen können. 

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Achtung: Dieser Workshop findet in der Klinik am Waldschlößchen statt. Es ist ein Shuttle Bus eingerichtet. Abfahrtzeiten siehe hier.

Workshop 8

16.30 – 18.00 Uhr (1,5 Std.)
Session B

Diagnose und Differentialdiagnose komplexer Traumafolgestörungen und dissoziativer Störungen

Ute Bluhm-Dietsche

Abstract:

Neben der klinischen Anamnese und Befunderhebung ist es hilfreich und in vielen Fällen auch notwendig zur Erfassung der Ausprägung traumaassoziierter, besonders dissoziativer Symptomatik und zur Diagnosestellung, zusätzliche strukturierte Diagnoseinstrumente einzusetzen. Im Workshop sollen sowohl Selbstbeurteilungsfragebögen als auch diagnostische Interviews vorgestellt und ihre Einsetzbarkeit und Aussagefähigkeit erläutert werden.

Kurzbiografie

Workshop 9

16.30 – 18.00 Uhr (1,5 Std.)
Session B 

Drama und Trauma? Dramatherapie bei Trauma und Dissoziativen Störungen

Kerstin Rothe 

Abstract:

Die Drama- und Theatertherapie ist eine handlungsorientierte Therapieform, die ein breites Methodenrepertoire umfasst. Bühnengestaltung, Bewegungsausdruck, Stimme, Rollenspiel, Improvisation, Textgestaltung, Figurentheater – die unterschiedlichen Formate der Dramatherapie sind geeignet, einen kreativen Prozesses zu befördern, der über das Gestalten einen Zugang zu individuellem Ausdruck und Versprachlichung von Themen und Erfahrungen eröffnet. Der Workshop stellt Basisaspekte und praktische Methoden Dramatherapeutischer Arbeit vor und zeigt insbesondere die modifizierten Formate, die in der Arbeit mit Traumapatienten relevant sind.

Dabei werden auch spezifische Formate einbezogen, die für Patientinnen und Patienten mit dissoziativen Störungen geeignet sind und u.a. ein Podium bieten, mit verschiedenen – auch täterimitierenden – Anteilen in Kontakt zu treten. Anhand praktischer Beispiele werden die verschiedenen Elemente der Gruppen- und Einzelarbeit auch spielerisch erfahrbar.

Kurzbiografie