Von 2005 - 2010 arbeitete eine internationale Historikerkommission an dem Forschungsprojekt der genauen Bestimmung der Opferzahlen der Bombenangriffe vom 13. zum 14. Februar 1945 unter Leitung des Stadtarchivs Dresden. Bis zu dem Zeitpunkt galt die Zahl von 35.000 Opfern als gesetzt und spielte in der Rezeptionsgeschichte des Angriffs eine wichtige aber unantastbare Rolle. Damit war Dresden auch die Stadt mit den meisten Todesopfern und in der DDR-Geschichtsrezeption die Stadt in der sich die Sinnlosigkeit der Zerstörung von Menschenleben und Städten symbolisierte. Die Städtepartnerschaft mit dem ebenfalls zerstörten Coventry bildete eine internationale Linie.
Im Zuge dieser Historikerkommission wurden über 1.000 Interviews mit ZeitzeugInnen geführt. Viele dieser stehen heute nicht mehr zur Verfügung. Hinzu kamen verschiedene Untersuchungsprojekte zur Feststellung von genaueren Opferzahlen, Zerstörungskartierungen, Beräumungsuntersuchungen, Verbrennungsstatistiken, Schmauchspuruntersuchungen (zur Prüfung der These, dass Menschen rückstandslos verbrannt waren), Untersuchungen von Tieffliegerangriffen, Begräbnisdatierungen und die Untersuchungen der Angriffspläne und Flugpläne aus dem Londoner Kriegsarchiv. Nach 5 Jahren wurde der Abschlussbericht der Historikerkommission der Öffentlichkeit vorgelegt und führte erwartungsgemäß zu vehementen Protesten. Insbesondere ging es dabei darum, dass die Kommission (durchweg graduierte WissenschaftlerInnen) eine Opferzahl von ca. 25.000 Toten deklariere, mithin also 1/3 weniger als 60 Jahre lang postuliert. Klar wurde an dem Fakt der Rezeption - die Novellierung der Opferzahlen nach unten - dass Quantifizierungen schnell zu Qualifizierungen von Ereignissen führen und damit die korrigierte Opferzahl Dresden mit anderen bombardierten Städten fast gleichstellte. Der Opferstatus unserer Stadt schien damit zunichte gemacht, obwohl schon die Opferzahl 1 grauenhaft genug wäre. Jahrzehntelang hat sich zudem die immer wieder durchgestochene Opferzahl von 35.000 Toten (falsch notierte Opferzahl im Führerbunker mittels eines Telefonates) gehalten und die mit der nun festgestellten Zahl von 25.000 Toten gar nicht mehr vereinbar war. Hinzu kommt der Fakt, dass die Bombardierung in den einzelnen Stadtteilen dieser Großstadt völlig unterschiedlich wahrgenommen worden war, bis hin zu dem Fakt, dass es gar keine Betroffenheit gab in einzelnen Stadtteilen. Die vielen Zeitzeugeninterviews bestätigten ein geschlossenes Trauma: FEUERSTURM; ROTES LEUCHTEN ÜBER HUNDERTE KILOMETER - TOTE IN FAMILIE UND VERWANDSCHAFT - TIEFFLIEGERANGRIFFE IN DEN FOLGENDEN TAGEN
Das Schicksal aber von den kommenden Monaten von der Bombennacht 1945 ausgehend, war in den Stadtteilen völlig unterschiedlich.
Zerstörung, Ausgebombtsein, Aufnahme von Familienangehörigen in der Wohnung, Aufnahme von Flüchtlingen und Soldaten wurde unterschiedlich erlebt. Bis hin zu dem Fakt der völligen Unbetroffenheit davon. Diese Entwicklungen gilt es weiterhin zu untersuchen und zu qualifizieren.
Das daraus resultierende gesamtgesellschaftliche Trauma, in unterschiedlicher individueller Erlebbarkeit ist dabei zu untersuchend im Mittelpunkt. Die Generationen der Zeitzeugen stehen zunehmend nicht mehr zur Verfügung. Die Zeitzeugeninterviews konstatieren zudem vielfältige Überlagerungen von eigen Erlebtem und Erfahrenem, Gehörtem, Gelesenem und später in unterschiedlichen Medien Erarbeitetem. In nicht wenigen Stichproben konnten wir dabei erleben, wie Zeitzeugeninterviews, so u. a. zu den Tieffliegerangriffen an den Elbwiesen nach der Ausstrahlung von Dokumentarfilmen sich genau umkehrten und in die Nacht des 13./14. Februars 1945 zurückverlegt wurden, was sowohl strategisch, militärwissenschaftlich und technisch von Expertisen ausgeschlossen werden musste.
Im Folgenden werden einige dieser Aspekte behandelt.