Freitag, 5. Oktober 2012



09.45 - 10.15 Uhr

Trauma und Dissoziation in der Ideengeschichte der Psychiatrie 

Prof. Dr. Michael von Cranach


Abstract:
Der Vortrag wird nachzeichnen, wie sich die Psychiatrie in ihrer Geschichte bis heute, in Anlehnung an den jeweiligen Zeitgeist, mit der Frage auseinandergesetzt hat, wie Menschen auf schwere psychische Traumatisierungen reagieren, welche Krankheiten oder Störungen sie in diesem Zusammenhang entwickeln und welche Behandlungsansätze sich daraus ergaben. Es wird gezeigt werden, dass diagnostische Konzepte und Behandlungsansätze in engem Zusammenhang mit den jeweils herrschenden Menschenbildern stehen.

Kurzbiografie

10.45 – 11.15 Uhr

Psychiatrie in Bethel seit dem 2. Weltkrieg: Stagnation und Dynamik

Prof. Dr. Martin Driessen

Abstract:
Wie fast überall in Deutschland war auch die Psychiatrie in Bethel nach dem Schrecken des 2. Weltkriegs in eine Art Erstarrung gefangen, die kaum Entwicklungsmöglichkeiten eröffnete. Große Psychiatrische Landeskrankenhäuser und Heime prägten die Landschaft. Die Entwicklung der Sozialpsychiatrie im angloamerikanischen hatte zunächst kaum einen Einfluss, bis die Psychiatrieenquete 1975 eine bis heute andauernde Dynamik entfachte. In deren Folge öffnete sich die Psychiatrie auch in Bethel zunehmend in die Kommune, es entstanden insbesondere seit den 80er Jahren eine Fülle vernetzter gemeindepsychiatrischer Angebote, die Impulse dazu kamen überwiegend aus Bethel. Ab den 90er Jahren gewann die Psychotherapie - zunächst langsam und dann immer dynamischer - Raum in der Behandlung, im ersten Jahrzehnt des neuen Jahrtausend entstand ein differenziertes Psychotherapeutisches Angebot und parallel dazu eine differenzierte klinische, neuropsychologische Diagnostik und apparative Diagnostik. So kann man seitdem im engeren Sinne von einer Umsetzung des bio-psycho-sozialen Modell psychischer Störungen sprechen. Die Psychotraumatologie entwickelte sich erst in den letzten 10 Jahren zu einem wesentlichen alltagsrelevanten Ansatz. Dissoziative Phänomene fanden in Bethel insbesondere im Grenzgebiet zwischen Psychiatrie und Epileptologie schon lange Beachtung, seit etwa 15 Jahren zunehmend auch bei zahlreichen anderen psychischen Erkrankungen.

Kurzbiografie

14.30 - 16.00 Uhr und 16.30 - 18.00
Workshop 1 => Session A+B

Rituelle Gewalt und organisierte gewaltvolle Bindungen: Theorie und Praxis der Ausstiegsbegleitung

Thorsten Becker / Harald Schickedanz / Emer Seilern

Abstract:
Der Ausstieg aus organisierten gewaltvollen Bindungen ist das mühsame Unterfangen diese zu lösen. Eine banale Tatsache angesichts der Vielfalt der Problemstellungen mit interagierenden und hochkomplexen inneren und äußeren Systemen - bei Ritueller Gewalt häufig noch verstärkt durch grundlegende und sinnstiftenden Wertvorstellungen einer Weltanschauung oder Religion.
Wie ist dieser Prozess zu gestalten? Welche Hilfen sind sinnvoll? Und welche Hilfen sind notwendig? Wo liegen die Grenzen der Ausstiegsbegleitung? Gibt es Erfahrungen und Handreichungen?
Der gemeinsame Workshop präsentiert nach einer Einführung in die Problematik in Impulsvorträgen Sichtweisen und Erfahrungen der ambulanten und klinischen Therapie und der begleitenden Supervision durch konkrete Praxisbeispiele und bietet anschließend Zeit und Raum für Diskussionen und Erfahrungsaustausch.

Kurzbiografien

14.30 - 16.00 Uhr und 16.30 - 18.00
Workshop 2 => Session A+B:

Psychosenahes Geschehen und Dissoziation bei Patienten/innen in der ambulanten Psychotherapie -
Wo anfangen - wo aufhören? Grenzen und Chancen

Linda Beeking, Elisabeth Kernen


Abstract:
In dem Workshop werden die verschiedenen Diagnosen theoretisch dargestellt und die Behandlungsmöglichkeiten in der ambulanten Praxis vorgestellt. Patienten/innen mit Dissoziativen Störungen kommen häufig mit sehr unterschiedlichen Vordiagnosen in die ambulante Behandlung. Neben Patienten/innen, die sich nach spezifischer stationärer Vorbehandlung zur ambulanten Psychotherapie anmelden, finden sich Patienten/innen mit eher diffuser Symptomatik und noch unklarer Diagnose bis hin zu Patienten/innen mit psychiatrischer Vorbehandlung infolge psychosenaher Symptome. In der Praxis zeigt sich, dass viele Patienten/innen aufgrund der Symptomatik, die eine große Bandbreite umfasst, fehldiagnostiziert werden. Die Diagnose einer DIS wird seltener diagnostiziert, als statistisch zu erwarten wäre, wie U. Gast et.al. in einem Übersichtsartikel im Deutschen Ärzteblatt 2006 ausführten. 



Der Workshop gliedert sich in einen theoretischen Teil mit Darstellung der Diagnosen, Theorien zur Ätiologie der Dissoziativen Identitätsstörung unter bindungstheoretischen, neurobiologischen Aspekten und am Beispiel der Strukturellen Dissoziation nach Nijenhuis. Möglichkeiten eines daraus abgeleiteten Behandlungskonzeptes werden vorgestellt. Die Schwierigkeiten innerhalb des Stundenkontingents der Richtlinienpsychotherapie und als Einzeltherapeutin zu arbeiten, aber auch die spezifische Problematik der Patienten/innen erfordert auch eine differenzierte Betrachtung der Grenzen der Behandlung. Im zweiten Teil des Workshops soll den Fragen, Anregungen und Kritikpunkten der Kollegen/innen in offener Diskussionsrunde Raum gegeben werden. 



Workshop für Kollegen/innen, die noch keine oder wenig Erfahrung in der Behandlung dissoziativer, psychosenaher Patienten/innen haben.

Kurzbiografien

14.30 - 16.00 Uhr
Workshop 3: Session A

"Verstehen ist eine Reise im Land des Anderen" (Fazil Hüsnü Dağlarca) 
Supervision für Traumafachleute

Petra Hafele

Abstract:
Psychotherapeutische Arbeit mit Menschen, die schwere Formen der Gewalt und Lebensbedrohung erlebten, kann seelisch sehr belastend sein. 
Sie führt uns häufig in Grenzbereiche des Erträglichen. Burn-Out, Spannungen in Teams, Mitgefühlserschöpfung bis hin zur sekundären Traumatisierung können die Folgen hiervon sein.  
Wenn unsere eigenen Ängste oder Verletzungen berührt werden, können auch Rettungsphantasien oder Gefühle von Versagen entstehen.
 
Die Methode zur "Supervision bei Komplextrauma" ermöglicht es, Menschen mit einer komplexen dissoziativen Störung besser verstehen zu lernen. 
Umstände und Abläufe von Traumatisierungen können nachvollzogen, die Folgewirkungen eingeordnet und die eigenen Methoden und Arbeitsweisen reflektiert werden.

Kurzbiografie:
Petra Hafele arbeitet in der Frauenberatungsstelle in Remscheid und in eigener Praxis. Sie ist Dipl. Sozialwissenschaftlerin, DGSv-Supervisorin, Psychotraumatologin und Mitglied in der DeGPT, der DGTD und bei EMDRIA.

14.30 - 16.00 Uhr
Workshop 4: Session A

Initiative Phoenix - Zwischenergebnisse der Umfrage zur Traumatherapie

Margarete Sommer

Abstract:
Die "Initiative Phoenix" wurde im Frühjahr 2010 von Menschen ins Leben gerufen, die betroffen sind von (komplexer) Traumatisierung und sich nach zum Teil entmutigenden Erfahrungen im Kampf um Stundenkontingente für Psychotherapie zusammenfanden. Unterstützer/innen der Initiative gründeten eine Arbeitsgruppe, deren Ziel es ist, die Begründung für einen Antrag an den Gemeinsamen Bundesausschuss vorzubereiten, um eine Aktualisierung der Psychotherapie-Richtlinie zu erreichen. Patienten/innen, Betroffenen-Netzwerke, Angehörige und Experten/innen von Therapeuten/innen-Seite tragen in der AG Erfahrungen und Erkenntnisse aus Theorie und Praxis zusammen, die belegen, dass eine Ergänzung der Richtlinie um einen Behandlungsrahmen für komplex Traumatisierte dringend erforderlich ist.
Im Rahmen der Phoenix-AG habe ich eine Online-Umfrage initiiert, an der sich bisher mehr als 500 Menschen beteiligt haben. Die Umfrage richtet sich an "Betroffene", vor, während oder nach einer Psychotherapie, an Verbündete (privat engagierte Unterstützer/innen), ambulant und stationär arbeitende Therapeuten/innen und Helfer/innen sowie Mitarbeiter/innen in Beratungsstellen. Sie werden um eine persönliche Einschätzung der geltenden Richtlinie, ihrer Sinnhaftigkeit bzw. Stärken und Schwächen in der Praxis (in Bezug auf die Traumatherapie) und des Bedarfs einer Änderung gebeten.
Die ersten Ergebnisse bestätigen die Notwendigkeit einer Richtlinienergänzung. Uns liegen Fragebögen von bisher mehr als 300 "Betroffenen" vor, überwiegend Frauen im Alter zwischen 16 und 70 Jahren, von denen mehr als jede/r Dritte mehr als die nach Richtlinie maximal zu bewilligenden Psychotherapiestunden benötigt(e). Die insgesamt knapp 200 Therapeuten/innen und Berater/innen aus ambulanter und stationärer Praxis, die bisher teilgenommen haben, bestätigen diese Erfahrungen und den kräfte- und zeitraubenden Aufwand, den die Antragsverfahren für Behandler/innen und Klienten/innen bedeuten und der Heilungsprozesse immer wieder unnötig unterbricht und erschwert.

Kurzbiografie:
Margarete Sommer, Hebamme, SAFE-Mentorin, freie Autorin, Mitglied der Phoenix-AG

16.30 - 18.00 Uhr
Workshop 5: Session B

Der Wille zu leben - Salutogenese und Empowerment bei schwerst traumatisierten/dissoziativen Menschen. Der Versuch einer Abkehr von der Pathogenese.

Bessy Albrecht-Ross

Abstract: 
Im Workshop wird eine aktuelle Forschungsarbeit zu dem Thema vorgestellt, indem es eine kurze Einführung zu den Themenkomplexen Empowerment und Salutogenese sowie der Forschungsfragen und -umsetzung geben wird. Aber es wird auch Raum vorhanden sein, über die eigenen Haltungen zum Thema (psychische) Gesundheit und (psychische) Krankheit miteinander ins Gespräch zu kommen. Folgende Fragen können hierbei als Anregung dienen:  Inwieweit beeinflusst meine eigene Haltung von Gesundheit und Krankheit den Blick auf und die Beziehung zu Menschen, die schwere Gewalt erfahren haben? Wer empowert hier wen...?  Wo sind Grenzen der ressourcenorientierten Arbeit, wenn die vorhandenen Ressourcen gar nicht gesehen oder nutzbar gemacht werden können? Inwieweit können hier die Ansätze der Salutogenese und des Empowerment hilfreich sein?

Kurzbiografie:
Die Referentin ist zur Zeit Doktorandin an der Cvo Universität Oldenburg und Stipendiatin der Rosa Luxemburg Stiftung. Nach einer Ausbildung zur Erzieherin und dem Studium zur Sozialpädagogin war sie einige Jahre in der ambulanten psychiatrischen Versorgung als Projektleiterin und in der Öffentlichkeitsarbeit tätig.

16.30 bis 18.00 Uhr
Workshop 6: Session B

Psychohygiene für Therapeuten/innen 

Yoga - Zeit für mich

Ilka Pundt

Abstract:
In Berufsfeldern mit hoher Beanspruchung ist es wichtig, mit sich und seinen Bedürfnissen in Kontakt zu sein. Über Körperachtsamkeit kann es uns gelingen, Leben und Arbeit in eine bessere Balance zu bringen. Darum möchte ich Ihr Interesse an Yoga wecken. Vorkenntnisse sind nicht erforderlich. Sorgfältige Anleitung und ein ausführliches Handout helfen Ihnen dabei, die gezeigten Übungen zu Hause weiter zu üben.
Vielleicht bekommen Sie dadurch Lust auf mehr?

Der Workshop findet auf dem Hintergrund eines Programms zur Verbesserung von Körperwahrnehmung, Bewegungsfreude und "Work-Life-Balance" statt, das ich gemeinsam mit Petra Hafele entwickele.

Kurzbiografie